Welt der unbegrenzten Möglichkeiten
Gegenstände aller Art, Naturmaterialien oder von Menschen gemacht, Blumen oder Früchte, tote Tiere, die zu Jagdtrophäen wurden, Gefäße und Fundstücke - in einem Stillleben lässt sich alles vereinen. Dabei entstehen besondere Welten mit unbegrenzten Möglichkeiten. Sie wurden auch "Nature morte" ("tote Natur") genannt. Französisch war früher die Sprache der Kultur und der Kunst.
Vor Jahrhunderten bildeten Maler vor allem Essbares und Getränke ab, am liebsten in edlen Gefäßen, mit silbernem Besteck und auf kostbaren Stoffen drapiert. Die Auftraggeber waren wahrscheinlich wohlhabend genug, um sich selbst einen solchen Luxus auch in der Realität leisten zu können. Für die meisten war so etwas unerreichbar - weder auf dem Tisch noch an der Wand.
Zeitgenössisches Zubehör wie Smart-Phones, Schokoriegel oder Knabberwürstchen in ihrer bunten Verpackung finden bisher noch selten Eingang in die bildende Kunst, aber vielleicht wird das
noch... Nun, zugegeben, mit Natur hätte eine solche "Nature morte" wenig zu tun.
Seltsame Versammlung
Gegenstände aller Art zu arrangieren, verführt zu ungewöhnlichen Kombinationen. Ein Hocker aus Holz in Wildkatzenform, ein kitschiges Minimöbel aus ostasiatischer Massenproduktion, das vielleicht als Ständer für Blumentöpfe oder Tischchen neben dem Sessel gedacht war, wird auf Papier zum Leben erweckt. Runde, bemalten Glubschaugen starren uns an. Zittern die steifen, geraden Holzbeine? Oder zitterte nur die Hand, die sie zeichnete? Was macht das sonderbare Tier nur in dieser seltsamen Flohmarktgesellschaft aus ausrangierten Haushaltsgeräten und Sportutensilien? Vermutlich wartet es auf sein Ende - in der Sperrmüllpresse.
Scharfe Zähne, Hörner und andere Waffen
Bärenfelle - mit ausgestopftem Kopf, das Raubtiergebiss für alle Ewigkeit bleckend, sind beliebte Erinnerungsstücke für Jäger. Auch Köpfe von Tigern, Löwen, Keilern, den Wildschwein-Männern mit mächtigem Gebiss und Gewicht, vermitteln einen Eindruck vom überstandenen Abenteuer des Siegers (mit Präzisionswaffe, Nachtsichtgerät und einheimischer Assistenz).
Die meisten Jagdtrophäen stammen von relativ friedlichen Pflanzenfressern, die aber auch ihre Waffen präsentieren. Die Schädel der Rehe, Hirsche, Steinböcke und Gemsen mit ihren zumindest bei den männlichen Exemplaren vorhandenen spitzen Geweihen oder Hörnern obenauf schmücken traditionell die Wände des Jägerheims.
Warum macht man das? Ist es ein Denkmal für den Triumph des Überlegenen? Oder eine Würdigung - der Respekt vor denen, die ihr Leben durch uns verloren haben?
Ich finde, sie schauen uns auf diese Weise immer noch an. Und geben uns etwas, über das wir nachdenken können. Aus dem lebendigen, wachen, kämpfenden Wesen ist eine "Nature morte", ein Stilleben geworden.
Jagd-Proviant und Jäger-Latein
Jäger sind in der Dämmerung unterwegs oder warten auf dem Hochsitz auf das Wild. Dann nämlich wagen sich Rehe, Hasen und Schwarzwild aus ihrer Deckung im Wald, kommen auf
die Lichtungen und "äsen", wie "fressen" in der Sprache der Jäger (" Waidmänner") genannt wird. Nicht-Eingeweihte reden daher auch von "Jäger-Latein" und verstehen oft nicht, wovon die Rede ist.
Weil es am Abend oder frühen Morgen während der Jagdsaison sehr kühl sein kann, haben manche der Waffenträger im grünen Lodenmantel auch schon mal etwas Hochprozentiges dabei. Um sich etwas
aufzuwärmen. Die Schnaps-Ente unten ist allerdings nicht geeignet zum Mitnehmen. Sie war ein besonders sinniges Geschenk für einen Jäger. Ich weiß nicht, ob es zum Abendessen nach der Jagd Ente
gab.